Wo bleibt die größere Wertschätzung für die Pflegeberufe?

Nicht erst Corona hat gezeigt, wie wichtig eine Stärkung des Pflegeberufes und seiner Angehörigen ist. Im Fokus des aktuellen Austauschs mit der Leitung der Pflegeschule Santa Maria in Bühl waren Stand und Perspektiven des Pflegeberufs. Schulleiter Manuel Benz schilderte die Herausforderungen, die mit der neuen, generalisierten Pflegeausbildung an die Lehrerinnen und Lehrer sowie die Auszubildenden gestellt werden.  Für mich wurde ganz schnell klar: Es bleibt nach wie vor abzuwarten, ob diese Reform der Ausbildung letztlich den gewünschten Erfolg bringen wird. Ein Beispiel: In der Ausbildung der Kinderkrankenpflege sind rund 60 Stunden angesetzt, die aber für pädiatrische Einsätze nach Erfahrung der Lehrerinnen und Lehrer der Pflegeschule nicht ausreichen. Nach dem Berufsabschluss seien die Absolventinnen und Absolventen auf Fortbildungen angewiesen, so die Schule. Den Grund dafür sieht Manuel Benz in der recht aufwendigen Koordination der Praxiseinsätze. Hier muss also nachgebessert werden!

Insgesamt spielen die Erfahrungen in den jeweiligen Praxiseinsätzen eine große Rolle, wobei deutlich wurde, dass die teilweise knappen Personalschlüssel bei einigen Auszubildenden für negative Erfahrungen sorgen können. Die Abbrecherquoten bereiten dem Schulleiter durchaus Sorgen. „Pflegeschülerinnen und –schüler sind keine Waschmaschinen und dürfen nicht verheizt werden“, so der Schulleiter. Dennoch stellte Benz fest, dass die meisten Auszubildenden mit Herzblut bei der Sache dabei sind und den Beruf aus Überzeugung lernen. Die Anmeldezahlen seien auch für das kommende Jahr, trotz der Corona-Krise, bislang erfreulich, so Benz.

Ob das Pflegepersonal durch die Errichtung einer Pflegekammer gestärkt werden kann, wurde ebenfalls erörtert. Einerseits liegt die Chance, endlich mit einheitlicher Stimme zu sprechen und eine starke Lobby für die Pflegekräfte zu schaffen. Andererseits zeigen Beispiele wie die Erfahrungen aus Rheinland-Pfalz, dass die gewünschten Effekte noch nicht eingetreten sind. Auch die Frage der Zwangsmitgliedschaft bleibt kontrovers. Ein weiterer Kritikpunkt: Die Pflegehilfskräfte sind nicht in der Kammer vertreten sein, obwohl diese ebenfalls eine wichtige Rolle spielen.

Wie kann also der Beruf in der Region an Attraktivität gewinnen? Wie können mehr Menschen für den Pflegeberuf gewonnen werden – auch im Hinblick auf den steigenden Pflegebedarf in der Zukunft?

Meiner Meinung dazu ist: Pflegeberufe müssen dauerhaft und umfassend mehr Wertschätzung erfahren. Dazu gehört eine bessere Bezahlung, besseren Arbeitsbedingungen und bessere Personalschlüssel. Es nützt nichts, tausenden neue Stellen von oben zu versprechen, wenn die strukturellen Defizite nicht geändert werden. Hierzu könnte auch verstärktes Werben für die Helferausbildungen beitragen, die z.B. für Hauptschüler ein Schritt in den Pflegeberuf wäre. Die Idee zu einem erneuten Gespräch mit der Pflegeschule Sancta Maria wurde beim Besuch der Staatssekretärin Bärbel Mielich geboren und vor kurzem umgesetzt.

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